Filmkritik

„A Modern Lovestory“

(Alb-)Traum 60er Jahre

– sind die 60s wirklich so wünschenswert oder bleiben wir doch lieber in der Gegenwart?

von Pi, April 2024

Der Film „A Modern Lovestory“ behandelt unter dem Motto „verkehrte Welt“ ein Thema, das wahrscheinlich vielen von uns schon einmal begegnet ist. Die frustrierte Suche nach perfekten potentiellen Partner:innen, die darin endet, dass eine Partei nur Sex will. Toll. Alle Mühen und Nachrichten umsonst. Aber egal, weiter geht die Suche.

Für die Protagonistin des Films mit dem Namen Matilda ist diese Situation alltäglich. Ihre „verkehrte Welt“ träumt sie. Matilda wacht perfekt gestyled mit ’nem Haufen Lockenwickler auf dem Kopf und Glitzer im Gesicht auf. Ein grandioser Morgen mit einem Frühstück, das es nur im Traum geben kann. Von ihrem Loverboy bekommt sie Blumen und Liebesbriefe und einen Song im Radio. Matilda befindet sich in den 60s. Flower Power, Antibabypille und ganz viele nackte Körper.

Die 60er Jahre hatten großen Einfluss auf unsere heutige Gesellschaft. Die zweite Welle des Feminismus nahm Fahrt auf. Im Vordergrund stand die Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann, vor allem, was Politik, Arbeit und Familienleben angeht. Mit der Einführung der Antibabypille und dem Recht auf Abtreibung, war es Frauen zum ersten Mal möglich selbst über Reproduktion zu bestimmen. Feministi:innen setzten sich dafür ein, dass Frauen nicht mehr nur als sexualisierte „Objekte“ dargestellt werden und forderten das Ende der Sexualdoppelmoral. Und das ist nur ein kleiner Abriss. Das alles hat auch heute noch positive Auswirkungen auf das Leben vieler. Trotzdem darf man die Kritik nicht verschweigen. Das Fehlen von Intersektionalität, der Essentialismus und die Geschlechter-Binarität, werden in anderen Strömungen besser mit eingebunden.

Wenn die 60s so wichtig für die feministische gesellschaftliche Entwicklung waren, dann kann man die doch auch Romantisieren? Oder lieber nicht?

Das Problem im Film: Auch wenn die 60s wichtige Errungenschaften brachten gab es massive Ungerechtigkeiten, vor allem allgegenwärtiger Rassismus und Sexismus. Matilda träumt sich also in die 60s. Für eine hübsche, weiße junge Frau, die in die gesellschaftliche Norm passt vielleicht auf den ersten Blick auch gar nicht schlecht. Aber was erwartet Matilda in den 60ern als weiblich gelesene Person?* Wenn Frau arbeiten wollte, musste diese erst die Erlaubnis ihres Ehemannes kriegen. Arbeit für Frauen gab es oft nur im Niedriglohnsektor. Diskriminierung am Arbeitsplatz war Alltag. Sexuelle Gewalt in der Ehe galt als „eheliche Pflicht“ und war nicht strafbar. Der Schönheitszwang für Frauen nahm in den 60ern so richtig Fahrt auf.

Auch wenn die Vorstellung also ganz schön klingt, Leute ohne Handy kennenzulernen (was durchaus auch heute möglich ist), würde ich persönlich nicht gerne zurück in die 60er wollen. Wie seht ihr das? Lasst es uns im Diskussionsforum oder privat wissen!